Mittwoch, 30. Oktober 2013

Rezension: How Not To Write A Sitcom

Ratgeberliteratur zur Frage "Wie schreibe ich ein Drehbuch?" gibt es wie Sand am Meer. Marc Blake erklärt, wie man es nicht machen sollte. Er bleibt dem Genre Ratgeberliteratur treu, verspricht den LeserInnen aber, sich dem Thema aus einer negativen Perspektive anzunähern.

Blake selbst unterichtete Sitcom and Comedy Writing u.a. an der City University in London. Zu seinen SchülerInnen zählen Catherine Tate (The Catherine Tate Show, BBC Two) sowie einige Drehbuchautoren der Polit-Sitcom The Thick of it (BBC Four).

How Not To Write A Sitcom beinhaltet neben Blakes Ausführungen zahlreiche Ausschnitte aus gelungenen und weniger gelungenen Drehbüchern sowie Interviews mit DrehbuchautorInnen und ProduzentInnen. Blakes Definition des Genres Sitcom ist eine eher enge. Zwar erkennt er Serien wie The Office (BBC Two) oder Peep Show (Channel 4) als Teil des Genres an. Genretypisch sind für ihn aber nach wie vor die vor Live-Publikum aufgezeichneten Muliti-Camera-Sitcoms.

Dem bereits im Auslaufen begriffenen Mockumentary Hype steht er skeptisch bis ablehnend gegenüber. Er schließt sich damit jenen KritikerInnen an, die in Fake-Dokumentationen primär die konzeptionellen Schwächen der Drehbucher und die vielen Inkonsequenzen bemängeln, wenn es darum geht, der Logik einer Dokumentation treu zu bleiben. Beispiele für derart "inkonsequente" Mockumataries wären demnach Serien wie Parks and Recreation (NBC) und Modern Family (ABC).

UK Sitcom vs. US Sitcom

Gedanken macht sich der Autor über die auffälligen Unterschiede zwischen britischen und us-amerikanischen Sitcoms. Bei ersteren sieht er einen stärkeren social realism am Werk, während letztere die Tendenz zum Eskapismus hätten.
"UK sitcom is always about underachievers and incompetents, people trapped in unpleasant situations or in dysfunctional relationships. (...) British writers tend to poke fun not only at authority and institutions (the army, the law, politics and the media) but also at the foibles and the downbeat nature of the British soul. A British person is a born pessimist, knowing that if they are in a lower class, they are unlikely to rise through hard graft or legal means." (S. 59)
Blake attestiert den BewohnerInnen der Insel eine Art negativ gewendetes Klassenbewusstsein. Die Grenzen, die die Klassenzugehörigkeit in Bezug auf die biographischen Möglichkeiten setzt, würden ebenso wie die drohende Gefahr des sozialen Abstiegs bewusster wahrgenommen als anderswo. Die Überzeugung es aus Leistungsbereitschaft von unten nach oben schaffen zu können, wird von einem nach wie vor starren Klassensystem allzuoffensichtlich Lügen gestraft und die daraus resultierende Mentalität nicht zuletzt im Sitcomgenre reflektiert.
"US sitcom is relentlessly positive and upbeat. Nowhere would you see a drunken man confessing to his granddaughter that he has 'fucked up his life' (The Royle Family) or the kind of splendidly appalling behaviour that you will see in Rab C. Nesbitt, Ideal or Pete vs. Life. Instead, urban socialities (Sex and the City, Friends, How I Met Your Mother) live in impossible apartments with invisible means of income, and friends and relatives who support and cherish them no matter how selfish or vain they are." (S. 60-61)
Dass deshalb aber keineswegs alle amerikanischen Sitcoms Varianten des amerikanischen Traums inszenieren, räumt Blake mit einem Verweis auf Serien wie South Park (Comedy Central), My Name is Earl (NBC) und Arrested Development (FOX/Netflix) ein. Er versucht Tendenzen, die es zweifellos gibt, zu beschreiben. Es ist allerdings nicht immer klar, wo die Grenze zur Reproduktion von Klischees verläuft, deren Zweck es zu sein scheint, britische über us-amerikanische Sitcoms zu stellen. Zumindest wenn es um die Beschreibung der stark differierenden Produktionsverhältnisse geht, befindet sich Blake auf sicherem Terrain und bietet interessante Einblicke in die landesspezifischen Unterschiede in der kulturindustriellen Warenherstellung. Allerdings aus der Perspektive eines Autors, der sowohl dem us-amerikanischen als auch der britischen Sitcomproduktion weitgehend affirmativ gegenübersteht.

How Not To Write A Sitcom
ist letztlich ein Buch, das - wenn auch sehr unterhaltsam - wie viele andere auch versucht, zu erklären, wie man es machen könnte. Den Anspruch dies negativ zu bestimmen, hält Blake leider nicht konsequent durch. Der Umstand, dass das Buch selbst wie eine Sitcom geschrieben ist und eine Pointe die nächste jagt, macht die Lektüre kurzweilig und How Not To Write A Sitcom lesenswert. Nicht nur für Menschen, die mit dem Gedanken spielen, eine Sitcom zu schreiben sondern auch für jene, die einfach gerne Sitcoms schauen und mehr über die Funktionsweisen des Genres sowie die Produktionsbedingungen erfahren möchten.

Mark Blake
How Not To Write A Sitcom. 100 mistakes to avoid if you ever want to get produced
Bloomsbury: London 2011
260 Seiten

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