Samstag, 26. September 2015

Britain's worst Cop. Oder: Was falsch ist an Broadchurch

Die viel gelobte Krimiserie Broadchurch (ITV), will anders ein, als andere Krimiserien. Statt einen Fall pro Folge abzuhandeln, lässt man sich die ganze erste Staffel zur Aufklärung des Mordes an Danny Latimer (Oskar McNamara) Zeit. Die zweite Staffel widmet sich dem Gerichtsprozess gegen den Mörder und den Fehlern, die die ErmittlerInnen (David Tennant und Olivia Colman) während der ersten Staffel gemacht haben.

#yesfilter

Neben dem Umstand, dass die Broadchurch-MacherInnen den halben Doctor Who Cast aus der Arbeitslosigkeit geholt haben, macht vor allem die Optik die Serie zu einem Genuss. Die großartige englische Küste mit Klippen und Sandstrand durch den immer gleichen orangefarbenen Filter, der das angeblich so schlechte britische Wetter in den sonnigsten Farben strahlen lässt, macht zweifellos einiges her. Doch die Frage "What's wrong with Quality TV?" lässt sich auch an Broadchurch gut beantworten. Optisch aufpoliert, mit sehr guten SchauspielerInnen besetzt und diverse gesellschaftliche Themen aufgreifend, täuscht das alles doch nur über einen in vielerlei Hinsicht unplausiblen Handlungsablauf mit manch reaktionärem Subtext hinweg.

#yesspoiler

Am Ende der ersten Staffel mag noch irgendwie charmant und hintergründig sein, dass uns die Serie sagt: "Hey, die Polizeiarbeit war unnötig - der Täter hat einfach mit dem verschollenen Handy des Opfers bei uns angerufen und alles gestanden!" Dieser Umstand wird von den ProtagonistInnen aber nicht wirklich thematisiert.

Während in der ersten Staffel die mediale Hetze gegen einen vermeintlichen Pädophilen und die Belagerung der Familie des Mordopfers durch JournalistInnen noch großen Raum einnimmt, verschwinden die Medien rund um den Gerichtsprozess - dem zentralen Thema der zweiten Staffel - fast ganz. Als ob ein Kindsmordprozess gegen einen Mann, der mit der PolizistIn verheiratet ist, die in seinem Fall (reichliche schlecht) ermittelte, nicht mit nationaler Medienaufmerksamkeit samt all ihrer negativen Begleiterscheinungen zusammenfiele.

#yesfolter

Während der fehlgeleitete selbstjustiziale Mob in der ersten Staffel im Narrativ der Serie noch klar negativ konnotiert ist, sieht es mit der Polizeigewalt gegen den mutmaßlichen Mörder schon anders aus. Der körperliche Übergriff auf den sich in Untersuchungshaft befindlichen Verdächtigen wird moralisch legitimiert, auch wenn er für die Ermittlungen und ihr gerichtliches Nachspiel kontraproduktiv ist und staatlich sanktioniert wird.

Das ist im doppelten Sinne falsch: Opfer von Polizeigewalt haben in den seltensten Fällen das Glück, dass ihre Peiniger geahndet werden oder sich ein Polizeiübergriff im Gerichtsverfahren für sie mildernd auswirkt. Genau das und noch viel mehr suggeriert aber die zweite Broadchurch-Staffel.

1 Kommentar:

  1. Ich für meinen Teil finde es durchaus interessant, dass es nun eine Serie gibt, die sich für die Aufklärung eines Falles die ganze Staffel "Zeit" lässt. Es bringt Abwechslung in den TV-Alltag und wird sicherlich seine Fans finden. Wenn sich kein Sender etwas neues trauen würde, dann würden wir heute sicherlich ganz andere Filme sehen.

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