Anfang 2005 strahlte Channel 4 insgesamt sechs Folgen Nathan Barley aus. Der Sitcom war leider wenig Erfolg beschieden, weshalb bis heute keine weitere Staffel produziert wurde.
Die tragische Identifikationsfigur der Serie ist Dan "Preacher Man" Ashcroft (Julian Barrat). Er schreibt für das fiktive Magazin "Sugar Ape", dass wenig später aus gründen der Provokation in "SugaRAPE" umbenannt wird. Verständlicherweise leidet Dan an dem unterirdischen Niveau der Publikation und der fast ausschließlich aus vollkommen unterbelichteten Männern bestehenden Redaktion. Als vermeintlichen Befreiungsschlag verfasst er am Beginn der ersten Folge einen Artikel mit dem Titel "The Rise of the Idiots", in dem er mit der in seinen Augen hohlen, auf permanente Pseudosubversion abzielenden Internetgeneration im großen Stil abrechnet: "The idiots are self regarding consumer slaves, oblivious to the paradox of their uniform individuality." Ebenjene beginnen jedoch nach der Publikation des Artikels Ashcroft abgöttisch zu verehren und bezeichnen ihn fortan als "The Preacher Man".
Zu Ashcrofts Fans zählt auch der von Nicholas Burns dargestellte Nathan Barley. Nathan beitreibt eine Homepage mit der vielsagenden Adresse www.trashbat.co.ck, bestehend aus halblustigen Flash-Animationen und üblen gewalttätigen Streichen, die Nathan seinem bemitleidenswerten Praktikanten Pingo spielt. "Self-facilitating media node", so seine Selbstbeschreibung. Mit übergroßen Kopfhörern, die mit seinem Mobiltelefonheadset konkurrieren, düst Nathan - permanent telefonierend - auf seinem lächerlich kleinen BMX Fahrad durch die Straßen. Sitzt er mal im Bus, müssen die anderen Fahrgäste via Handy kommunizierte Details aus seinem – ohnehin weitgehend öffentlich geführten – Privatleben erfahren. Nathan ist die personifizierte Internet-Ich-AG der frühen 00er Jahre und "Sugar Ape" sein ideologisches Leitmedium.
Claire Ashcroft (Claire Keelan) muss sowohl Nathans Eskapaden als auch ihren misanthropischen und an chronischem Geldmangel leidenden Bruder Dan ertragen. Eigentlich würde sie gerne ein Filmprojekt über gesellschaftliche Randgruppen auf Schiene Bringen, scheitert jedoch beständig an Ignoranz und kulturindustrieller Plattheit diverser Produzenten. In ihrem Film soll es um von Medien und Gesellschaft unsichtbar gemachte Randgruppen gehen – im konkreten Fall Obdachlose, Drogensüchtige und Prostituierte. Doch die Produzenten, die sie aufsucht, hören entweder nicht zu oder wollen aus ihrem Stoff eine Komödie machen. Ein Produzent interessiert sich mehr für Nathans Homepage als für Clairs Drehbuch. Denn anhand von von www.trashbat.co.ck liese sich veranschaulichen: "The political has become the personal (...), which makes pranks like that very satirical".
Die Figur Nathan Barley ist um einiges älter als die gleichnamige Serie. Charlie Brooker, der zusammen mit Chris Morris für das Drehbuch verantwortlich ist, schleppt Nathan Barley schon seit seiner TVGoHome-Zeit als satirische Projektionsfläche mit sich herum. Mit der gleichnamigen Sitcom haben Brooker und Morris Nathan und seiner ganzen Generation ein sowohl gehässiges als auch unglaublich komisches Denkmal gesetzt.
Nathan Barley zeichnet sich durch zahlreiche formale Besonderheit aus, wie das Fehlen eines einheitlichen Vorspanns und ein in Stücke gehackter, sich über mehrere Minuten hinziehender Abspann. Zu erwähnen ist auch die wirklich ansprechende, weil zumeist total überdrehte elektronische Musik, für die Chris Morris (er führte auch Regie) und Jonathan Whitehead verantwortlich sind.
Und da dieser Artikel www.trashbat.co.ck nun bereits fast so oft erwähnt wie Nathan Barley es in einer seiner beiden „SugaRAPE“-Kolumnen tun würde, sei hiermit ein Besuch der Seite nochmal ausdrücklich empfohlen. Dort kann man sich durch die amüsanten Titelblätter von „Sugar Ape“ vor und nach dem Relaunch klicken, Nathans Urlaubsfotos abrufen sowie einige ausgewählte Szenen aus Nathan Barley herunterladen. Also noch einmal: www.trashbat.co.ck
Nathan Barley
Regie: Chris Morris
Drehbuch: Charlie Brooker/Chris Morris
6 Folgen, Channel 4, 2005
Erschienen auf DVD
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