Dienstag, 27. November 2012

Die Apokalypse wird einen besseren Menschen aus dir machen

Derren Brown: Apocalypse (Channel 4) ist eine zweiteilige Reality-TV-Show, die einem jungen Mann namens Steven vorspielt, es hätte eine globale Katastrophe stattgefunden und er sei einer der wenigen Überlebenden. Die vorgetäuschte Apokalypse wird aus Steven einen besseren Menschen machen, meinen die ProgrammmacherInnen.

Derren Brown ist ein atheistischer Illusionist. Er setzt Methoden wie Zaubertricks und Hypnose ein, um dem TV-Publikum zu zeigen, wie leicht Menschen manipulierbar sind. Er tut dies mit einem rationalistischen, humanistischen und letztlich aufklärerischen Anspruch. Zu seinen großen Coups gehörte etwa, dass er eine Gruppe AtheistInnen binnen kurzer Zeit davon überzeugen konnte, eine höhere Macht würde existieren, um dem Fernsehpublikum so wiederum nahe zu bringen, mit welchen Methoden Religionen arbeiten.

Der technische Aufwand des Apocalypse Specials ist bemerkenswert. Über einen längeren Zeitraum haben die ProduzentInnen der Show besagtem jungen Mann eine alternative Medienrealität vorgespielt. Dazu wurden unter anderem sein Smartphone gehackt, sein Twitter Feed manipuliert und gefälschte Nachrichtensendungen in sein TV-Gerät und TV-Geräte Dritter eingespeist.

Kurz vor der Apokalypse, die mit den jährlichen Perseiden in Zusammenhang gebracht wird, fädeln die ProduzentInnen eine Busreise zu einer abgelegenen Konzertlocation ein. Auf der Fahrt werden mit Special Effects zahlreiche Meteoriteneinschläge vorgetäuscht, bis Brown auftaucht und den jungen Mann hypnotisiert.

Er wacht in einer verlassenen medizinischen Einrichtung auf. Via TV wird ihm suggeriert, er hätte eine Woche verschlafen und die Meteoriten hätten Bakterien auf die Erde gebracht, die eine Art Zombie-Epidemie ausgelöst haben. Eine Idee, die ihm als theoretische, wenn auch extrem unwahrscheinliche, Möglichkeit bereits in den Wochen zuvor über diverse Medienkanäle in den Kopf gepflanzt wurde. Wenig später bricht die Fernsehübertragung ab. In weiterer Folge muss er sich mit der neuen Situation zurechtfinden, sich vor Infizierten schützen und in vielerlei Hinsicht Verantwortung übernehmen.

Bleibt noch die Frage: Echt oder Fake (nicht hinsichtlich der Apokalypse, sondern in Bezug auf die Behauptung, Steven wäre eingeweiht)? Dazu gibt es durchaus divergierende Ansichten. Die ProduzentInnen wehren sich jedenfalls gegen den Vorwurf, der junge Mann sei von Beginn an eingeweiht gewesen. Wirklich relevant ist diese Frage eigentlich nicht. Denn die ideologische Botschaft bleibt die Gleiche. Insbesondere der erste Teil der Show, also konkret die Darstellung und die Stigmatisierung seines Verhaltens als negativ, ist problematisch (ein erwachsener Mann der bei seinen Eltern wohnt, nichts leistet und gerne Party macht). Für den Fall, dass es sich um keinen Fake handelt, wäre auch zu fragen, ob es nicht zu weit geht, eine Person de facto zu entführen, ohne Zustimmung zu hypnotisieren und mehrfach in Todesangst zu versetzen.

Derren Brown: Apocalypse ist zwar in vielerlei Hinsicht extremer in der konkreten Durchführung, was den ideologischen Subtext betrifft aber um einiges harmloser als durchschnittliche deutschsprachige Reality-Formate. Aus jemandem einen besseren Menschen machen zu wollen, was im konkreten Fall Fähigkeit zu Empathie, Bereitschaft Verantwortung zu übernehmen und Solidarität mit seinen Mitmenschen beinhaltet, ist nicht die schlimmste Mission, der sich Reality-TV verschreiben kann.


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