Donnerstag, 4. April 2013

The Sarah Silverman Program, "Face Wars" [Staffel 2, Folge 3]

Kann rassistisches Blackfacing als antirassistische Strategie funktionieren?

In einer auf Wikipedia abrufbaren Liste von KünstlerInnen, die im Blackface performten, findet sich auch der Name der Komikerin Sarah Silverman. Der Eintrag geht auf die Folge "Face Wars" der von ihr mitentwickelten Sitcom The Sarah Silverman Program (Comedy Central, 2007-2010) zurück.

"I look like the beautiful Queen Latifah."

Sarah Silverman (die in der Serie eine fiktive Variante ihrer selbst spielt) erzählt ihrer Schwester Laura (für die das Selbe gilt) und ihrem Mann (Jay Johnston) von einem negativen Erlebnis in einem Tennisclub. Sie ist der Ansicht, sie wäre dort aus antisemitischen Gründen vom Tennisspielen abgehalten worden. "There is nothing harder than being jewish in the entire world", meint Sarah und zieht damit die Aufmerksamkeit von Eugene (Alex Désert) - einem anderen Gast des Cafes in dem sie sich befinden - auf sich. Er widerspricht: "There are harder things than being jewish. Like being black". Es kommt zu einem Streitgespräch ("Did black people have the Holocaust?" - "No. But we did have 400 years of slavery.") in dem Sarah nicht mit rassistischen Zuschreibungen spart.

Mit gewohnter Rechthaberei kündigt sie an, sich von ihrem Make-up Artist für einen Tag schwarz schminken zu lassen, um zu beweisen, dass sie im Recht ist. Doch sie wird von besagtem Visagisten nicht - wie zunächst suggeriert - zur amerikanischen Antwort auf Günter Wallraff umgestylt, sondern mit einem vergleichsweise artifiziellen Blackface ausgestattet (siehe Screenshot).

Zunächst wird sie von weißen PassantInnen auf der Straße beschimpft, später aus einer Kirche geworfen, in der schwarze Gläubige einen Gottesdienst feiern. Natürlich nicht aus rassistischen Gründen, sondern weil die Leute von ihrem Blackfacing angewidert sind. Im Cafe begegnen sich Sarah und Eugene erneut. Sie noch immer mit Blackface - er mit Kippa, Hakennase und einem T-Shirt mit dem Aufdruck "I love money". Ihre Positionen haben sich gedreht. Sarah glaubt nun ihrerseits zu wissen, wie schlimm Rassismus ist, während Eugene seinerseits glaubt - so wird es jedenfalls suggeriert - Opfer antisemitischen Hasses geworden zu sein. Um dieses Missverständnis nicht frühzeitig auffliegen zu lassen, wird das Unbehagen mit der Verkleidung des/der jeweils anderen nur gestisch artikuliert, nicht aber ausgesprochen.

Letztlich bleibt die Folge ambivalent und lässt sich widersprechende Lesarten zu. Zum einen die antirassistische, derzufolge es darum ginge, zu zeigen, wie unfassbar rassistisch Sarah hinter einem antirassistischen Vorwand agiert: Erst das Blackface, dann die Behauptung Opfer rassistischer Polizeigewalt geworden zu sein und zu schlechter Letzt die Initiierung einer BürgerInnenrechtsbewegung, in der sich von Anti-Blackface-"Rassismus" betroffen fühlende Weiße organisieren.

Nicht zu vernachlässigen ist aber auch der Faktor des Sich-lustig-Machens über rassistische Gewalterfahrungen. Dies geschieht in besagter Folge durch eine Umkehrung: Die Razzia, bei der es zur Festnahme Sarahs kommt, wird in den TV Nachrichten manipulativ geschnitten und erst so zur rassistischen Razzia gemacht. Ein von rassistischen RezipientInnen daraus ableitbarer Subtext könnte sein, dass es die Polizei generell schwer habe, es den übermäßig kritischen Medien recht zu machen, die selbst dort Rassismus vermuten, wo - wie in diesem Fall - offensichtlich keiner ist. Zudem bedienen die MacherInnen dieser Folge von The Sarah Silverman Program eine ähnliche Rezeptionsdynamik, wie die MacherInnen von Da Ali G Show (Channel 4) mit dem ganzen Format. In beiden Fällen lacht das Publikum über das "Is it because I'm black?" Motiv, das von weißen KomikerInnen - hier Sarah Silverman, dort Sacha Baron Cohen - zum Witz gemacht wird. Zu tief sitzt die Ideologie, wir würden bereits in einer post-rassistischen Gesellschaft leben, weshalb zumindest ein Teil des weißen Publikums mutmaßlich auch darüber lacht, dass es überhaupt Menschen gibt, die glauben, aufgrund ihrer Hautfarbe diskriminiert zu werden.

Einer ähnlichen Logik folgen übrigens die Sketche mit den Minstrel Figuren in Little Britain (BBC). Auch sie werden aufgrund ihres Outfits Opfer von Diskriminierung. Ihnen passieren viele Dinge, von denen auch betroffene rassistischer Gewalt zu berichten wissen. Ob das nun als Kritik an einer durch Rassismus strukturierten Gesellschaft und ihrer medialen Darstellungskonventionen gelesen wird, liegt - unabhängig von der Intention der MacherInnen - in den Augen der jeweiligen BetrachterIn.

Link:
History of Blackface
Kampagne gegen Blackfacing in Deutschland


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