Mittwoch, 4. Mai 2011

ÖH-Wahl 2011 - Seltsame Einladungspolitik bei "Am Punkt"

"Das AmPunkt Studio fasst 5 Leute - [wir] haben uns für die 5 wichtigsten Fraktionen entschieden." So lautete die Antwort der Redaktion von Am Punkt (ATV) auf die Frage, warum man ausgerechnet den Ring Freiheitlicher Studenten (RFS) zu der von Sylvia Saringer moderierten Diskussionssendung über die bevorstehende Wahl zur Österreichischen HochschülerInnenschaft 2011 eingeladen hat.

Politisch aufgefallen sind Mitglieder des RFS in den letzten Jahren einerseits durch Kontakte zu militanten Neonazis und andererseits mit einem spektakulären Mord. Der Großteil ihrer politischen Aktivitäten spielt sich mutmaßlich im Bierdunst der Keller diverser deutschnationaler Burschenschaften ab.

Selektive Einladungspolitik

Ähnlich große und zum Teil sogar beträchtlich größere Fraktionen berücksichtigt die Einladungspolitik von ATV nicht. Die fünf wichtigsten Fraktionen nach Mandaten sind derzeit die Aktionsgemeinschaft (AG), die Unabhängige Fachschaftslisten Österreichs (FLÖ), die Grünen und Alternativen StudentInnen (GRAS), die Fraktion engagierter Studierender (FEST) sowie der Verband Sozialistischer StudentInnen (VSStÖ). Diese Fraktionen hätte ATV demnach zu Am Punkt – der Diskussionssendung aus dem Studio, in das nur fünf Menschen passen – einladen müssen.

Tatsächlich eingeladen wurden Bernhard Krall (AG), Janine Wulz (GRAS), Martin Schott (FLÖ), Angelika Gruber (VSStÖ) und Oskar Polak (RFS). In der Sendungsankündigung heißt es, dass es sich dabei um die SpitzenkandiatInnen der "wichtigsten Fraktionen im Uniparlament" handle. Das ist erwiesenermaßen Falsch!

Es ist jedoch sehr verwunderlich, dass eine Fraktion wie der RFS, der bei der ÖH-Wahl 2009 genau ein Mandat in der Bundesvertretung ergattern konnte, wichtiger sein soll als die FEST. Letztere hat derzeit zwölf Mandate, die von VertreterInnen der Fachhochschulen besetzt werden. Gemeinsam mit GRAS und VSStÖ ist die FEST zudem seit zwei Jahren in der ÖH-Exekutive und stellt derzeit einen von drei Vorsitzenden. Für ATV ist das scheinbar kein Grund, eine VertreterIn in die Sendung einzuladen.

Verzerrende Wahlarithmetik

Quelle: Wikipedia
In diesem Zusammenhang muss auch betont werden, dass der RFS nur noch deshalb in der ÖH vertreten ist, weil die ÖVP/FPÖ-Bundesregierung, als sie die Direktwahl der Bundesvertretung 2004 abschaffte, ein eigenes "Lex RFS" geschaffen hat. Bundesweit antretende Kleinstfraktionen bekommen demnach ein Mandat in der Bundesvertretung, auch wenn der faktische Stimmenanteil und die Relevanz an den einzelnen Unis noch so gering ist. Ohne direkte politische Intervention von oben gäbe es also längst keinen RFS mehr in der ÖH.

Die absurde Wahlarithmetik wurde von der schwarz-blauen Regierung mit der Absicht eingeführt, die linken ÖH-Fraktionen zu schwächen. Der WählerInnenwille kommt seitdem auf Bundesebene nur noch verzerrt zum Ausdruck und führt mittlerweile bei allen Großfraktionen zu seltsamen Missverhältnissen zwischen Stimmen und Mandaten.

Politische Relevanz?

Selbst wenn man diese Umstände - die sorgfältig recherchierenden JournalistInnen eigentlich bekannt sein müssten - außer Acht lässt, ist die Einladungspolitik von ATV nicht nachvollziehbar. Sie ist es selbst dann nicht, wenn das reichlich abstrakte Kriterium der politischen Relevanz ausschlaggebend sein soll.

Dazu nur ein Beispiel: Nicht eingeladen ist etwa der KSV-Lili (Kommunistischer StudentInnenverband – Linke Liste), der ebenso wie der RFS ein Mandat in der ÖH Bundesvertretung hat. Relevant wäre der KSV-Lili nicht zuletzt durch starke Präsenz an den Unis und die aktive Unterstützung der #unibrennt Proteste. Zudem hält der KSV-Lili an der Universität Wien – der mit Abstand größten Uni in Österreich – zwei Mandate in der Universitätsvertretung und ist Teil der aus GRAS und VSStÖ bestehenden Koalition. Der von ATV als relevanter erachtete RFS hat an der Uni Wien kein einziges Mandat.


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