Der Tod von Giuseppe Verdi, der Geburtstag von Wolfgang Amadeus Mozart, ein spektakulärer Einbruch in eine Berliner Bank und das Ende der Belagerung von Leningrad. Mehr fällt den BetreiberInnen des Twitter Accounts von DCTP zum 27. Jänner, dem 66. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz, nicht ein.
DCTP steht für Development Company for Television Program und betreibt seit den späten 1980er Jahren Programmfenster im deutschen Privat-TV. Ziel von DCTP ist es „Information, Bildung und Kultur in einem Gesamtprogramm zu verbinden“. Von DCTP produzierte Formate sind regelmäßig auf RTL, Sat.1 und VOX zu sehen.
DCTP beschreibt sich als unabhängig, ist aber faktisch ebenfalls ein Medienkonzern mit veritablen Platzhirschqualitäten. Aufschlussreich ist ein Blick auf die Eigentumsverhältnisse: Die Wochenzeitung Der Spiegel hält 12,5 % der Anteile, die Werbeargentur Dentsū 37,5 %, die Neuen Zürcher Zeitung AG 12,5 % und Alexander Kluge 37,5 %. Letzterer umgibt sich selbst gerne mit der Aura eines Schülers von Theodor W. Adorno und konkurriert mit dem kritikwürdigen Jürgen Habermas um die Erbmasse der Kritischen Theorie. Was Kluge von seinem Mentor Adorno jedoch Grundlegend unterscheidet, ist sein zur Verklärung neigendes Deutschlandbild und die nicht geringe Zahl an unreflektierten Aussagen, die auf ebenjenes zurückzuführen sind. Wenn Themen wie Nationalsozialismus und Antisemitismus zur Sprache kommen, wurde bereits in der Vergangenheit oftmals deutlich, dass es sich bei der Text-, Film- und Fernsehproduktion von Alexander Kluge tendenziell nicht um eine Fortsetzung, sondern vielmehr um eine Verfallsform Kritischer Theorie (und Praxis) handelt.
In diesem Zusammenhang verwundert es nur wenig, was sich am 27. Jänner 2011 auf dem Twitter Account von DCTP abspielte:
Insbesondere der Tweet zum Ende der Belagerung von Leningrad ist an Zynismus kaum zu überbieten. Am Tag der Befreiung von Auschwitz verlinkt DCTP auf ein Gespräch zwischen Alexander Kluge und Oberst a.D. Dr. Frieser. Das Gesprächsthema: "Was sind 'Wandernde Kessel'?/Blitzkrieg nach rückwärts (1944)". Frieser beendet das Gespräch mit dem Satz: "Plötzlich lernten auch die Deutschen es kennen, was es bedeutet, eingekesselt zu werden". Die Frage was es bedeutet, wenn DCTP am Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus Schlachten des Zweiten Weltkriegs aus deutscher Perspektive schildert und den Fokus auf die Toten der Wehrmacht lenkt, haben die Menschen hinter dem Twitter Account bis jetzt nicht beantwortet.
Update: 29. Jänner 2011
Die Reaktion von DCTP via Twitter: "Danke für berechtigten Hinweis/Kritik, @fernseherkaputt! Hatten historischen Kontext beim Erstellen nicht auf dem Schirm. #meaculpa."
Dazu paßt, daß Alexander Kluge ab jetzt kontinuierlich in der WELT mitarbeitet.
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