Der ORF hat ein Problem mit im Fernsehen wahrnehmbaren Protesten und verlegt deshalb die Polit-Talkshow Im Zentrum (ORF 2), die bisher live aus dem Haas-Haus in der Wiener Innenstadt übertragen wurde, in das am Stadtrand gelegene ORF-Zentrum. Es ist nicht das erste mal, dass der ORF so agiert.
Ein ähnliches Schicksal hatte vor 10 Jahren die Diskussionssendung Zur Sache, die ebenfalls live aus dem Haas-Haus gesendet wurde. Nach der Bildung der FPÖ-/ÖVP-Koalition wollten DemonstantInnen vor Ort gegen die Regierungsbeteiligung der FPÖ zu demonstrieren. Gäste der Sendung am 6. Februar 2000 waren unter anderem der damalige ÖVP-Klubobmann Andreas Khol und Peter Westenthaler, damals FPÖ-Klubobmann. Da die Sendungsverantwortlichen Angst vor DemonstrantInnen hatten, die sich vor dem Haas-Haus akustisch bemerkbar machen könnten, verlegten sie Zur Sache kurzfristig ins ORF-Zentrum. Dort blieb die Sendung bis zu ihrer Absetzung. Aus Zur Sache wurde in weiterer Folge Offen gesagt und aus diesem Format ging nach einem abermaligen Relaunch Im Zentrum hervor.
Im Zentrum wurde bisher – so wie einst Zur Sache - aus dem Haas-Haus am Stephansplatz übertragen. Am 17. Oktober 2010 demonstrierten zwischen 500 und 1000 Menschen parallel zur Sendung gegen Abschiebung. In der Sendung ging es um die restriktive Asyl- und Abschiebepolitik in Österreich. Eine Woche später war der Protest deutlich lauter. Zwischen 1000 und 5000 Menschen demonstrierten vor dem Haas-Haus gegen das Sparparket der SPÖ-/ÖVP-Regierung. Bis auf einen kurzen – mutmaßlich durch einen Sabotageakt verursachten - Sendeausfall, ist eigentlich nichts gravierendes passiert. Die Demonstration war zwar akustisch und zum Teil auch optisch wahrnehmbar (dank an Gasluftballons gebundene Transparente, die vor der Glasfassade des Haas-Haus schwebten) – die geladenen Diskussionsgäste konnte man im Fernsehen trotzdem gut verstehen.
Mitte Dezember sickerte schließlich durch, dass es Pläne gibt die Sendung in das Atrium des ORF-Zentrums zu verlegen. Am 16. Jänner 2011 wird Im Zentrum zum letzten Mal aus dem Haas-Haus übertragen. Damit gibt es künftig eine Möglichkeit weniger, mediale Repräsentationsrituale von PolitikerInnen, durch Interventionen vor Ort zu stören. Einer kritischen Öffentlichkeit abseits von Parteipolitik und den immer gleichen ExpertInnen, möchten sich die Sendungsverantwortlichen von Im Zentrum nicht mehr ausgesetzt wissen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen