Montag, 14. März 2011

Wie man es besser nicht macht...

Über die Reproduktion rassistischer Bilder in Alexander Lehmanns Kurzfilm Lieber Afrikaner.

Lieber Afrikaner (Alexaner Lehmann)
Der Kurzfilm Lieber Afrikaner behandelt die historische Versklavung und Ausbeutung von AfrikanerInnen und schlägt eine Brücke zur heutigen Politik der Europäischen Union. Die menschenverachtende Wirtschaftspolitik der Staaten des Nordens wird grafisch dargestellt und die Funktion so genannter Entwicklungshilfeprojekte als Garanten europäischer Einflusssphären benannt. Die Mauern um Europa und auf dem Weg dorthin werden ebenso wie die Behandlung von MigrantInnen durch Staat und die latent rassistische Mehrheitsgesellschaft pointiert kritisiert.

Wo liegt dann eigentlich das Problem?

Auch ein Film der sich gegen die Festung Europa, die Machenschaften der Grenzschutzagentur Frontex und die finanzielle Unterstützung autoritärer Regime durch die EU richtet, ist nicht davor gefeit rassistische Bilder zu reproduzieren. Bei Lieber Afrikaner ist es insbesondere die Darstellung „der Afrikaner“ (er zeigt ausschließlich Männer), die zu kritisieren wäre.

Zum einen sehen "die Afrikaner" in Lehmanns Video alle gleich aus. Zwar könnte man argumentieren, dass dies der auf Reduktion abzielenden Ästhetik des Videoclips geschuldet sei. Die Vereinfachung sei dann nicht rassistisch, sondern würde lediglich den menschenverachtenden europäischen Blick auf MigrantInnen als statistische Größe reflektieren. Dahingehend könnte man sogar noch rechtfertigen warum Lehmann von "den Afrikanern" als monolithischen Block spricht und nicht nach Herkunftsländern differenziert. Denn es gibt tatsächlich viele Menschen, die in ihrer grenzenlosen Ignoranz von Afrika sprechen, als handle es sich bei dem Kontinent um ein einziges Land. Nicht wenige davon sind PoltikerInnen.

Die konkrete Ausgestaltung der Figuren, sieht dann allerdings so aus: Die Afrikaner sind mit einem Lendenschurz bekleidet, haben übergroße Lippen und tragen einen großen Ring im rechten Ohr. Lehmann reproduziert damit eine rassistische Bildsprache, die er eigentlich kritisieren sollte. Der Versuch der Vereinfachung geht nach hinten los und gerinnt zu einer Tradierung rassistischer Stereotype.

Interessant ist auch der Umgang der Extra 3 Redaktion mit dem Clip. Auf der Homepage des NDR findet sich lediglich eine gekürzte Fassung von Lieber Afrikaner. Der Kurzfilm ist dort mit Tipps für afrikanische Flüchtlinge betitelt. Neben kleineren Kürzungen und textlichen Veränderungen wurde ausgerechnet der Abschnitt über das Jahr für Jahr beträchtlich erhöhte Budget von Frontex vollständig aus dem Clip entfernt.

Links zu lesenswerten Artikeln:
Liebe Europäer_innen
Rassismus gegen Grenzregime
Rassismus im Kurzfilm 'Lieber Afrikaner' (mit einer Stellungnahme von Alexander Lehmann)

1 Kommentar:

  1. "Dahingehend könnte man sogar noch rechtfertigen warum Lehmann von "den Afrikanern" als monolithischen Block spricht und nicht nach Herkunftsländern differenziert. Denn es gibt tatsächlich viele Menschen, die in ihrer grenzenlosen Ignoranz von Afrika sprechen, als handle es sich bei dem Kontinent um ein einziges Land. Nicht wenige davon sind PoltikerInnen."

    ist es nicht einfach nur konsequent, dass "die afrikaner" (bei denen "der kleine mann" nicht differenzieren kann) alle aussehen, wie in alten kinderbüchern, woher die vorurteile ja durchaus in die köpfe der heutigen erwachsenen/senioren gelangt sind?

    würde es heißen "die araber" würden wohl alle dicke bärte und turban oder so ähnlich tragen (frauen mit burka wären womöglich auch vertreten), bei "den juden" wären wohl alle als orthodoxe gezeichnet, bei "den franzosen" hätten alle einen schnauz und ein beret, "die deutschen" haben immer lederhosen, sind dick, essen würstel und sauerkraut und trinken bier - usw. usw. - das ist doch genau die von dir angesprochene zuspitzung der rassistischen klischees in den köpfen "der europäer" - ansonsten würde die satire ja gar nicht funktionieren, oder?

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