Donnerstag, 11. April 2013

Den Tatort kritisieren, ohne je einen gesehen zu haben

Von der Gesellschaft ausgestoßene Jugendliche als vermeintliche Täter, ein einsamer alter Mann als Opfer, ein psychisch labiler Kommissar und eine seine menschlichen Schwächen kompensierende Kommissarin, die durch ihren Arbeitseifer jedoch die Beziehung zu ihrer Freundin aufs Spiel setzt. Nein, es handelt sich um keine weitere Folge der ARD/ORF/SRF Koproduktion Tatort, sondern um den Zweiteiler A Touch of Cloth (Sky 1).

A Touch of Cloth ist eine witzige Kritik an abgegriffenen Genre-Konventionen, die sich DrehbuchautorInnen von TV-Krimis zu Gemüte führen sollten. Denn die MacherInnen der Serie (das Drehbuch stammt von Daniel Maier und Charlie Brooker, basierend auf einer Geschichte von Boris Starling) haben einen bis in kleine Details erstaunlich guten Blick für Konventionen und Absurditäten des Krimi-Genres neueren Datums und nicht nur das: Running Gags, die länger abgespult werden, als sie erträglich sind, von den DarstellerInnen gesprochene Regieanweisungen ("And then I walked out of the room.") und missverständliche Dialoge, wie man sie in einer vergleichbaren Dichte zuletzt in The Naked Gun belauschen durfte. Hinzu kommt eine Vielzahl von hidden jokes, die jedoch so offensichtlich sind, dass sie auch halbaufmerksamen ZuschauerInnen den Wink geben: "Halt den Player an und lies das Plakat im Hintergrund!"

Die Handlung nimmt ihren Ausgang in der Wohnsiedlung "The Rundowne Estate". Literally a rundown estate: Jugendbanden, Sex auf der Straße und ein Hund, der Leuten ans Bein pinkelt, die Sex auf der Straße haben. Jugendliche bedrohen einen Weltkriegsveteran, der wenige Zeit später stirbt (und von seiner Katze namens K-9 teilweise aufgegessen wird). Auf den Fall angesetzt werden der aufgrund des gewaltsamen Todes seiner Frau (Kate Fleetwood) - die ihm regelmäßig erscheint - ziemlich fertig wirkende Polizist DI Jack Cloth (John Hannah), seine bisexuelle und sich in einer Beziehungskrise befindliche Kollegin DC Anne Oldman (Suranne Jones) und Polizeipathologin Natasha Sachet (Daisy Beaumont).

Die Tatorte mit ihren entstellten und zerhackten Leichen erinnern an Henning Mankells schlechte aber blutrünstige Krimis, die gerade von politisch links stehenden Menschen mitunter gelobt werden. Der Rest hat, wie bereits die Überschrift andeutet, viele Paralellen zu einem durchschnittlichen Tatort, obwohl die MacherInnen von A Touch of Cloth wohl nie einen gesehen haben.

Links:
A Touch of Cloth auf sky.com
Der Tatort und wir (eine MALMOE-Gesprächsrunde zum sonntäglichen Krimi)


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