Was läuft falsch in der medialen Berichterstattung über Rechtsextremismus?
Das medial herrschende Verständnis von Neutralität scheint ein primär quantitatives zu sein. Das trifft auf den ORF, dem als öffentlich-rechtliche Anstalt ein Objektivitätsgebot auferlegt ist genauso zu wie auf private Medien, die nicht an derartige Vorgaben gebunden sind.
Betrachtet man etwa die Live-Analysen der TV-Konfrontationen anlässlich der Präsidentschaftswahlen, fällt auf, dass dort primär über die Performance der KandidatInnen sowie über ihre Kommunikationsstrategien gesprochen wird. Zu Fact-Checking und einer inhaltlichen Bewertung kommt es hingegen kaum. Diese Formalisierung der Politanalyse unter Hintanstellung einer inhaltlichen Plausibiltätsbewertung des Gesagten führt etwa dazu, dass rassistische, antisemitische oder einfach falsche Aussagen in politischen TV-Debatten mit FPÖ-Beteiligung kaum als solche benannt werden. Findet Fact-Checking dann doch einmal statt, wird dies in Österreich mitunter sogar als unerlaubter, parteiischer Eingriff interpretiert – etwa als sich Norbert Hofers Israel-Erinnerungen dank ORF Recherchen als falsch erwiesen.
Zu ausgewogener Berichterstattung gehört nicht nur, unterschiedliche Positionen zu Wort kommen zu lassen. JournalistInnen sollten auch die Ausgewogenheit zwischen PolitikerInnen-Statements und der Realität im Auge behalten. Dies würde in Bezug auf die Berichterstattung über und Debatten mit Rechtsextremen eine Auseinandersetzung mit Rassismus und Antisemitismus im Kontext eines postnationalsozialistischen Österreich erfordern. Dass eine solche nicht stattfindet, zeigt sich sowohl in der Wahl-Berichterstattung als auch in jener über rechtsextreme Gruppierungen ganz allgemein, wo neurechter und freiheitlicher Selbstinszenierung allzu oft unwissend zugearbeitet wird.
Dieser Text erschien ursprünglich in der MALMOE #76.
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