Freitag, 4. April 2014

Sexismus, Rassismus und Antisemitismus in Lars von Triers Nymphomaniac

Mittlerweile gehe ich mit einer eher negativen Erwartungshaltung in die Filme von Lars von Trier. Die letzten habe ich gar nicht mehr gesehen - Nymphomaniac (2013/2014) dafür gestern im Double Feature.

Im Unterschied zu Filmemachern wie Ulrich Seidl, dessen Frauenbild dem von Triers ähnlich sein dürfte, beherrscht letzterer das Medium Film zumindest in handwerklicher Hinsicht. Der vorhergehende Satz ist eine Untertreibung: Lars von Trier gelingt mit Nymphomaniac auf bildkompositorischer Ebene, in Bezug auf den Einsatz von Schrift und in der sprachlichen Ausgestaltung der Dialoge bemerkenswertes. Auf diesen Ebenen ist Nymphomaniac ein sehenswerter Film, auch wenn das in diesem Kontext vielleicht seltsam klingen mag.

Denn das Nymphomaniac-Narrativ wird von einem sexistischen Metatext dominiert, der lautet: Selbstbewusst ausgelebte weibliche Sexualität führt ins Verderben. Und doch wird diese Botschaft gegen Ende des Films kurzzeitig gewendet und die Frage an das Publikum gerichtet: Ist es nicht viel eher die patriarchale Gesellschaftsordnung, die die Einzelne ins Verderben drängt? Die Person, die das ausspricht, ist nicht die weibliche Hauptfigur Joe (gespielt von Charlotte Gainsbourg und Stacy Martin), aus deren Perspektive der Film erzählt wird, sondern ein Mann, der wenig später zum Vergewaltiger wird.

Neben rassentheoretischen Überlegungen zu Penisgrößen bleibt dem Publikum auch Lars von Triers Sicht auf die N-Wort Debatte nicht erspart. Das Setting ist noch nicht einmal sonderlich innovativ (was nicht bedeutet, dass innovativer Rassismus besser wäre): Joe verwendet das N-Wort, wird von einem Mann dafür gemaßregelt. Es folgt ein Streitgespräch über Political Correctness, Meinungsfreiheit, Demokratie und Minderheitenrechte. Sie outet sich als Anti-Demokratin, er als Demokrat. Am Ende verwenden beide das N-Wort.

Ohne verschwörungsideologischen Antisemitismus kommt der Film auch nicht aus. Nach einem via Humor hergestellten einheitsstiftenden Moment, in dem sich mutmaßlich ein Großteil - oder zumindest der reflektiertere Teil - der Rezipient_innen fragt, ob sie gerade über einen antisemitischen Witz gelacht haben, folgt ein Monolog über Antizionismus und Antisemitismus. Das sei nicht das Selbe, wird dem Publikum mitgeteilt. Aber "gewisse Kreise" (die nicht näher benannt werden) hätten gerne, dass wir das glauben.

Link:
Nymphomaniac - Das kleine Arschloch schlägt zurück (Spex)

1 Kommentar:

  1. Er wird doch gar nicht zum Vergewaltiger. Er wird erschossen. Und damit die komplette Filmhandlung.

    AntwortenLöschen